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Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn
Radio
C
April 2003
Di.,
08.04.2003, 20.00 Uhr, Radio Bonn/SU
Moderation: Jürgen Lütz
Technik: Florian Höfer
Radio C ist eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und
Phonetik in Bonn Poppelsdorf.
Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik: Zen Zila: Jonny Wasmerly Album: Le melange sans apple
2. Musik: Radiohead: High and Dry Album: The Bends
Nachrichten aus den Kinosälen:
"Bowling for Columbine" von Michael Moore Seit fünf Monaten
im Bonn zu sehen!!!:
Eine im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnende Reise in das Herz Amerikas.
Ein Porträt eine Nation zwischen Waffenfetischismus und angstbesetzter
Paranoia. Ein nervöses Volk mit dem Finger am Abzug.
Ein sehr menschlicher Film voller absurder Komik.
Bester Dokumentarfilm des Jahres, eine spannende, witzige, tiefgründige
Analyse der amerikanischen Gesellschaftspsychologie. Diesen Film muss
jeder sehen, der sich für gesellschaftliche Prozesse, Politik und
die Menschheit interessiert.
Michael Moore hält mit seinem Dokumentarfilm Bowling for Columbine
der amerikanischen Gesellschaft einen unbequemen Spiegel vor.
Ein Dokumentarfilm der in den Zeiten des Irak-Krieges an schrecklicher
Aktualität gewonnen hat. Spätestens seit der Oscarverleihung
für seinen Film ist Michael Moor mit seinem vor einem Millionen Publikum
geäußerten "Schämen Sie sich, Herr Busch." Eine
der Stimmen Amerikas gegen Gewaltkultur und den Irakkrieg.
Good Bye, Lenin von Wolfgang Becker seit 13.02.
"Good Bye Lenin" ist hervorragend unterhaltendes und bewegendes
deutsches Kino über typische BRD/DDR Blickwinkel, dass auch Vergleichen
mit Leander Hausmanns "Sonnenallee" besteht.
Darüber hinaus aber leistet der Film so etwas wie eine Psychoanalyse
des BRD/DDR Verhältnisses und macht aus den Lebenslügen beider
Staaten eine hochemotionale Familiengeschichte, die mit einer Art Rehbierthing
therapiert.
Frida von Julie Taymore löst seit einem guten Monat "Brot und
Tulpen" ähnliche Begeisterung bei den Bonner Zuschauern aus.
Frida Ist ein beeindruckender Spielfilm über die Biographie der Mexikanischen
Malerin Frida Kahlo. ein leidenschaftliches, farbenfrohes, kraftvolles,
einfach überwältigendes Stück Kino.
Mexiko, Anfang des 20. Jahrhunderts: Die Junge lebenslustige Frida Kahlo,
oscar reif gespielt von Salma Hayek, genießt ihr Teenager-Dasein
in vollen Zügen - bis ein tragischer Busunfall das ungestüme
Mädchen ans Bett fesselt.
Getrieben von ihrer Lebenssehnsucht und um den Schmerz zu vergessen fängt
Frida an zu mahlen. Sobald sie einigermaßen wieder hergestellt ist.
Bringt sie ihre Bilder dem unnahbaren Star der Mexikanischen Kunstszene
Diego Rivera . Der Sozialrealist Rivera ist beeindruckt von der hohen
Emotionalität, und Ausdruckskraft von Fridas Bildern. Die Beiden
kommen sich näher, verlieben sich und heiraten schließlich.
Damit beginnt ein der auseinander-setzungsreichsten und produktivsten
Künstler-Ehen der klassischen Moderne.
geprägt von Lebenslust, und dem ringen um gegenseitige Anerkennung
Toleranz und Loyalität.
Der Film "Frida" ist ein Herzens Projekt von Regisseurin Julie
Taylor und Hauptdarstellerin Salma Hayek, die den Film auch mit produziert
hat, und das sieht man dem Film an.
Selten ist eine Künstler(innen)figur so voller Leben und Faszination
ins Licht der Leinwand gerückt worden.
"Frida" wird seinen Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben
und kann es locker mit dem bisherigen Gipfel des Künstlerinnen Films
Camille Claudel
(August Rodin) aufnehmen.
The Hours von Stephen Daldry seit 27. März
"The Hours" mit Julianne Moore, Meryl Streep und Oscar Preisträgerin
Nicole Kidman wird vielleicht ein noch größerer Erfolg als
"Frida".
Der Film berührt seine Zuschauer im innersten, vielleicht weil die
Last des Lebens die "The Hours" beim Nahmen nennt sicherlich
von vielen schon einmal empfunden worden ist.
Regisseur Stephen Daldry, ist mit 'Billy Elliot - I will dance' zu Weltruhm
gelangt, und kann es sich daher leisten ein Wagnis einzugehen.
Er hat den als unverfilmbar geltenden, hochkomplexen Roman 'Die Stunden'
von Michael Cunningham mit Hilfe des Drehbuchautors David Hare in eine
Kinosprache übersetzt, deren literarische Komplexität man ebenso
bewundern kann wie ihre emotionale Tiefe.
Ein schwieriges Projekt, weil schon Cunninghams Roman eine Hommage an
Virginia Woolf und ihre Mrs Dalloway Romanfigur ist.
'The Hours' das ist Literatur Kino der Extraklasse. Drei Zeit-Perioden,
drei Frauen und drei Geschichten, die einander umschlingen und in einen
überraschenden Moment der Erkenntnis münden.
Der Film über die exemplarische Geschichte von drei Frauen in der
Krise, lässt sich lesen wie ein Buch. Dazu müssen natürlich
alle Teile des Films eindringlich im Gedächtnis der Zuschauer haften
bleiben und genau dieses Wunder gelingt dem Regisseur und seinem Ensemble.
Die verschiedenen Schichten des Werkes fügen sich zu einem organischen
Ganzen, perfekte Schnitte lösen an sich sperrige Übergänge
zwischen den verschiedenen Zeitebenen elegant auf.
Die drei Schauspielerinnen Nicole Kidman, Meryl Streep und Julianne Moore
sind in einer Sternstunde ihres Beruf zu bewundern. Sie loten ihre Charaktere
auf ganz individuelle Weise aus und bringen gleichzeitig das Kunststück
zu Stande, dass sie ganz im Sinne von Virginia Woolf auch als Teile einer
einzigen Frauen Figur erscheinen.
Diese universelle Frauenfigur arbeitet sich mit der gleichen Intensität
daran ab, eine Party zu organisieren, einen Kuchen zu backen oder einen
literarischen Text zu verfassen. Das der künstlerischen Arbeit wie
dem trivialen Alltagsdetail existenzielle Bedeutung inne wohnt, ist sozusagen
die mit dem Leben versöhnende Woolf'sche Botschaft dieses außergewöhnlichen
Films.
3. Musik: Massiv Attack: Protection Album: Protection
"Adaption" oder "Adaptation" von Spike Jonze ab 13.03.
Regisseur Spike Jonze und sein Drehbuchautor Charlie Kaufmann, sind Amerikas
Filmschaffende für ungewöhnliche Filme.
Mit ihrem letzten Film "Beeing John Malkovich" haben sie das
eindringlich unter Beweis gestellt. Das großes Publikum diese Films
reagierte ähnlich wie bei Paul Thomas Andersons "Magnolia"
dankbar, dass endlich mal jemand die ausgetretenen Pfade des Kinos verlässt,
und mit überbordendem Einfallsreichtum überzeugt. Während
Paul Thomas Andersons mit seinem neuen Film "Punch Drunk Love",
eher einen Schritt zurück zum Konventionellen macht,
katapultieren sich Spike Jonze und Charlie Kaufmann mit ihrem neuen Werk
"Adaption" endgültig auf den Olymp der Originalität.
Hier das, was ich glaube von der Geschichte verstanden zu haben. Der Drehbuchautor
von "Beeing John Malkovich", der natürlich im Film, wie
im richtigen Leben Charlie Kaufmann heißt, soll ein Drehbuch für
einen Film nach einem Bestseller Roman über Orchideen schreiben.
Der gestandene Drehbuchautor verzweifelt, weil Pflanzen in der Regel ein
nur schwer zu dramatisierendes Leben haben.
Nach diversen Krisen mit der schier unlösbaren Aufgabe kommt ihm
sein Alter-Ego und Zwillingsbruder Donald Kaufmann zu Hilfe.
Die beiden Brüder machen sich daran, das spannendere Leben der Frau
zu ergründen, die das langweilige Buch über Pflanzen geschrieben
hat.
Das wird natürlich gefährlich, denn wie Psychoexperte Donald
Kaufmann eigentlich wissen müsste, ist ein Buch über Pflanzen
meist nur die Sublimierung von etwas ganz anderem.
So entwickelt sich der ohne hin schon in jede Richtung überraschende
Film "Adaption" von Spike Jonze zu einem wichtigen Gesellschaftsporträt
einer Gesellschaft, der ihre heimlichen Sehnsüchte so unheimlich
sind, und ihre Schizophrenie so heilig, dass sie um beides zu schützen
sogar bereit ist zu töten.
"Punch Drunk Love" von Paul Thomas Andersons
Nach seinem Jahrhundertfilm "Magnolia" ist es natürlich
schwer für
für Paul Thomas Anderson einen neuen Film abzulegen, der den Vergleich
mit dem Vorgänger bestehen kann. Daher hat sich Anderson eine kleine,
vermeintlich einfache Liebesgeschichte vor genommen: ein tolles Mädchen
(Emily Watson) verliebt sich in einen eklatanten Außenseiter (Adam
Sandler) der nicht von ungefähr an den frühen Jerrry Lewis erinnert.
Aber Paul Thomas Anderson wäre nicht Paul Thomas Anderson, wenn er
nicht zum Vergnügen des Publikums im abgesteckten Rahmen allerhand
skurriles und bitter wahres über die amerikanische Gesellschaft verpacken
würde. Das der junge Mann ein Problem mit Gewalt und Agressivität
hat kann man dank "Bowling for Columbine" bereits als bekannt
voraussetzen. Nur bei der Ursache dafür kommt der Ironiker P. T.
Anderson zu einem anderen Schluss als Michael Moore. Die Frauen sind es
schuld. Barry Egan ist als einziger Bruder von 7 Schwestern aufgewachsen
und konnte sich infolge der weibliche Überpräsenz in seinem
Leben nie als Mann entwickeln.
So bekommen in P. T. Andersons neuer Komödie Punch Drunk Love der
Feminismus und die Bigotterie der amerikanische Gesellschaft am Beispiel
der Mormonen ihr Fett weg.
4. Musik: P. J. Harvey: Dress Album: Dry
Baran von Majid Majidi
Mit iranischen Filmen verbindet man eine poetische Bildsprache, für
die der Iranische Regisseur Majid Majidi dank seiner Filme "Kinder
des Himmels" und "Die Farben des Paradieses" zum Synonym
geworden ist.
jetzt kommt sein neuer Film "Baran" Ende April in die Bonner
Kinos.
Seit vielen Jahren legen vor allem iranische Filme ein Zeugnis dafür
ab, dass in arabischen und islamischen Ländern eine Sprache der Kultur
und des Humanismus existiert, die auf der ganzen Welt verstanden wird,
und wichtige Beiträge zu einer Weltkulturgemeinschaft liefert.
Neben den poetischen und esotherischen Themen erlangen auch immer mehr
soziale Themen einen wichtigen Stellenwert. "Baran" ist ein
afghanischer Frauennahme und bedeutet "Der Regen". Der aktuelle
Film von Majid Majid mit dem Titel Baran spielet auf einer Großbaustelle
im Iran, auf der fast nur Afghanische Flüchtlinge arbeiten. Einer
davon ist der Küchen Junge Lateef,
allseits verachtet wegen seiner indiskutablen Kochkünste.
Als eines Tages ein Arbeiter schwer verunglückt bringt die Familie
seinen ältesten Sohn Baran als Ersatz auf die Baustelle. Weil der
Neue die schwere Arbeit nicht schafft, befiehlt der Vorarbeiter Lateef
mit dem Neuen die Arbeit zu tauschen. Lateef ist empört. Von nun
an muss er schwer arbeiten und zu allem Unglück kann Baran auch noch
kochen. Gründe genug für Lateef um Baran das Leben zu Hölle
zu machen, bis er eines Tages hinter das Geheimnis von Baran kommt. Baran
ist in Wirklichkeit eine junge Frau. Lateef begreift, das auf Barans Schultern
die Versorgung einer ganzen Flüchtlingsfamilie lastet.
Lateef wird von nun an zu Barans Schutzengel auf der Baustelle.
"Baran" ist ein außerordentlich beeindruckender Film,
in dem sich ernste und unterhaltsame, poetische und sozial realistische
Momente perfekt die Wage halten. Eine neue Form des iranischen Kinos,
in dem wie schon in Zeit der trunkenen Pferde auch das Weltgeschehen einzuggenommen
hat.
Hinweis auf ein filmisches Experiment, das Anfang Mai in die Kinos kommt:
Russian Arc von Alexander Sokurrow
90 minütiger Kameraspaziergang durch 300 Jahre russische Geschichte
ohne einen einzigen Schnitt. Ort des Geschehens, dass mit der Hilfe von
10.000 Statisten realisiert wurde ist die Eremitage in Sankt Petersburg.
Mit 200 Gemälden wollte Katherina die Große hier einen Brückenkopf
europäischer Kultur errichten. In Russian Arc führt nun ein
französischer Gelehrte aus Katherinas Zeit den Zuschauer durch die
Geheimgänge und Sähle der Epochen. Ein Reisen und Lustwandeln
durch die Zeiten, das Marcel Proust eine große Freude gemacht hätte.
5. Musik: Lesley Barber: Water and Ice
Soundtrack: When Night is Falling.
6. Musik Maga: Diecinueve Album: Limbo Star
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