Radio C - Kultur und Wissenschaft in Bonn

Radio C
Dezember 2002
Di., 10.12., 20.00 Uhr, Radio Bonn/SU

Moderation: Peter Goßens
Technik: Florian Höfer
Studiogast: Jürgen Lütz


Radio C ist eine Produktionsgruppe der Radio-Werkstatt-Lora in Bonn-Beuel.
Produziert im Studio des Instituts für Kommunikationsforschung und Phonetik in Bonn Poppelsdorf.

Jingle: "Homenagem a Mongo" Som Tres
1. Musik "Put the Freaks Up Front" Deus Album: The Ideal Cras
2. Musik "Sentimento" Piccola Orchestra Avion Travel
Album: Selecione 1990/2000


Kino-Nachrichten:

Nachrichten aus Kinosälen, die sich nicht in Kammern des Schreckens, nordkoreanische Gefängnisse, oder neuseeländische Fantasielandschaften verwandeln werden.

Hoch in der Gunst der Bonn Kinobesucher
natürlich der aktuelle "Harry Potter" und der neue James Bond Film "Stirb an einem anderen Tag"
aber ob diese Filme sich so lange in den Programmen halten werden wie vollgende Filmkunst Highlights:

Sprich mit ihr - Hable con ella
Regie: Pedro Almodovar
Seit fünf Monaten auf den Bonner Leinwänden zu sehen Pedro Almodovars bester Film seit langem "Sprich mit Ihr".
Ein bewegendes Melodram um die Winkelzüge des Lebens.

Samsara
Regie: Pan Nalin
Seit fast vier Monaten ist der neue Film von Pan Nalin (Ayurveda) auf den Bonner Leinwänden zu sehen. Samsara erzählt in Form eines großen Epos die Geschichte eines tibetischen Mönchs, der zwischen seiner Religion und der leidenschaftlichen Liebe zu einer Frau hin und her gerissen ist.

"Der Mann ohne Vergangenheit" von Aki Kaurismäki
Anfang 1994 legten Redakteure der größten Finnischen Tageszeitung Personen
des Öffentlichen Lebens folgende, von Schulkindern gestellte, Frage vor:
"Was ist der Sinn des Lebens?"
Die nicht nur in Finnland am meisten bewunderte Antwort kam von Finnlands Ausnahme Regisseur Aki Kaurismäki:
"Der Sinn des Lebens bestehe darin", so Kaurismäki, "einen persönlichen Moralkodex zu entwickeln, der die Natur und den Menschen respektiert, und diesen Moralkodex zu leben."
Von Kaurismäkis gelebtem Moralkodex kann man sich nach Jahre langem warten nun endlich wieder ein Bild machen.
Der Uhrahn aller skandinavischen Komödianten(, Aki Kaurismäki,) hat einen neuen Film gemacht.
Aki Kaurismäkis Gleichnis über das Grundbedürfnis des Menschen nach einem würdevollen Leben. "Der Mann ohne Vergangenheit"
Eine wunderbar lakonische Komödie um einen Mann ohne Gedächtnis, der sich unter Helsinkis Obdachlosen und Sozial Schwachen eine neue Existenz aufbaut.
Einer der schönsten Filme des Jahres strahlend vor Humanität und Moral, wie man sie seit den Tagen Charlie Chaplins nicht mehr auf der Leinwand gesehen hat.

"Lantana" von Ray Lawrence
"Lantana" ist wie alle wirklich guten Filme nur schwer treffend zu beschreiben.
man kann andere große Filme nennen an die Lantana qualitativ erinnert, wie "Magnolia" von Paul Tomas Andersons oder "Shortcuts" von Robert Altman oder die Unterschwellig spannenden und Gesellschaftsporträts eines David Lynch.
Man kann einen Film auch in einer Jahresbestenliste einordnen, was sich anbietet, da das Jahr ja langsam zu Ende geht.
Auf meiner Radio-C Besten Liste 2002 bekäme "Lantana" den zweiten Platz direkt nach "Sprich mit Ihr" von Pedro Almodovar und noch vor der Dokumentation "Bowling for Columbine" und Kaurismäkis "Mann ohne Vergangenheit" zu dem wir nach der nächsten Musik mehr erfahren.
Aber zurück zu Lantana:
Eine Frau verschwindet und für vier Ehepaare ist auf einmal nichts mehr wie vorher. Alte Wunden brechen auf, Kompromisse und Vorsätze geraten ins Wanken, und das Gespenst eines vertönen Lebens geht um, bis am Ende sieben gereifte Menschen wieder wissen wo sie stehen.

'Lantana' ist ein atmosphärisches Meisterwerk, das aus dem Alltagstrott weckt, ein Krimi, dessen Thema die Liebe und das Älterwerden ist.
Wie alle großen Filmkunstfilme ist ‚Lantana' ein sehr weiser Film, der einfach sehr viel über das Leben und über die Menschen zu wissen scheint und daher so faszinierend ist.
Ich finde es immer wieder schön, wenn man aus dem Kino kommt und über das Menschsein staunen oder schmunzeln kann einfach weil die Wahrnehmung eines Films sich doch sehr von unserer Alltagswahrnehmung unter scheidet. Und genau das ist bei ‚Lantana' der Fall.



NEU in den Bonner Kinos:

"Besessen" von Neil LaButte ab dem 28.11. auf den Bonner Leinwänden

Bereits der überaus erfolgreiche Roman von Antonia. S. Byatt spielte mit der Frage ob eine literarische Liebe Auswirkungen auf das Liebesleben ihrer Leser hat.
Jetzt kommt der große Roman über die Liebe zur Literatur, die eine Liebe zwischen zwei Lesern initiiert als bildgewaltige Literaturverfilmung in die Kinos.
Der Literaturwissenschaftler ‚Roland Michell' macht in einer Londoner Bibliothek eine überraschende Entdeckung. In einem Buch aus dem Besitz des viktorianischen Hofdichters Randolf Ash findet er einen Liebesbrief der offensichtlich nicht an Ashs Frau, sondern an die nicht minder berühmte zeitgenössische Literratin Christabel LaMotte gerichtet ist. Bereits ein Briefwechsel zwischen diesen bisher als Antipoden ihrer Zeit verstandenen Literaten, wäre eine Sensation, und so macht sich Roland Michell daran, die La Motte Forscherin Maud Bailey zu kontaktieren, um mehr über die Briefpartnerin seines Dichters zu erfahren.
"Besessen" ist mit Gwyneth Paltrow und Aaron Eckhart solide besetzte, spannende Unterhaltung über das Verhältnis von Literatur und Leben, bei dem nicht nur Literaturinteressierte auf ihr Kosten kommen.



3. Musik: "Paha Vaanii" Marko Haavisto & Poutahaukat
Soundtrack: Der Mann ohne Vergangenheit


"Blue Moon" von Maria Dusl

"Blue Moon" ist ein skurriles Road Movie durch die Ukraine. Der wohl berühmteste Österreichische Kabarettist Josef Hader alias Jonny Pichler auf der Spur einer mysteriösen Frau.
Jonny Pichler ist als Geldbote in der Ukraine unterwegs, als ihm die faszinierende Jana begegnet. Auf einmal ist für ihn nichts mehr wie es war und er muss ihr folgen. Für eine Weile duldet Jana seine Begleitung, dann ist sie verschwunden. Mit ein paar Hinweisen in der Hand landet Pichler im ukrainischen Städtchen Liv und findet Janas nicht minder mysteriöse Zwillingsschwester Shirley. oder ist sie vielleicht sogar Jana?

"Blue Moon" ist ein sehr poetisches Ost-West Liebesmärchen das viel von der Exotik der Ukraine einfängt und mit einfachen aber effektvollen Mitteln dem Rätsel der Frau an sich nachspürt.




"Happy Times" von Zhang Yimou "Heimweg" "Keiner weniger"

Zhang Yimou, der wohl bekannteste chinesische Regisseur hat Weltruhm durch seine, unfreiwillig historischen, chinesischen Gesellschaftsbilder "Rote Laterne" oder "Die Geschichte der Qui Jou" erlangt. Seine jüngsten Filme dürfen sich ganz ungeniert chinesischer Wirklichkeit von heute zu wenden, was eindrucksvoll belegt, dass man in China bereit ist, in einem filmischen Spiegelbild der eigenen Gesellschaft in die Augen zu sehen. In seinem neuen Film "Happy Times" wendet sich Zhan Yimou dem Chinesischen Alltagsproblem des Frauenmangel zu.

Der Fabrikarbeiter Zhao ist pensioniert und hat die Brautsuche eigentlich schon längst aufgegeben, als er doch noch mal eine Chance bekommt.
Aber die Frau, die sich nicht abgeneigt erklärt mit Zhan zusammen alt zu werden, will einen reichen Mann. Notgedrungen gibt sich Zhao der nicht alleine sterben möchte als Hotelmanager aus und kommt natürlich prompt in Schwierigkeiten als seine angebetete, ihre Tochter ausschickt um das Hotel zu begutachten. Als Zhao entdeckt das die Tochter blind ist, kommen seine Freunde auf die Idee ihr in einer Alten Lagerhalle ein Hotel vorzuspielen.
Mit "Happy Times" ist Zhang Yimou eine beeindruckend warmherzige Komödie gelungen, aus der man sehr viel über das heutige China erfährt.




"Bowling for Columbine" von Michael Moore

Bester Dokumentarfilm des Jahres, eine spannende, witzige, tiefgründige Analyse der amerikanischen Gesellschaftspsychologie. Diesen Film muss jeder sehen, der sich für gesellschaftliche Prozesse, Politik und die Menschheit interessiert. Auch für Schulklassen dringend empfohlen.
Mit lakonischem Zynismus und beißendem Witz geht Regisseur Michael Moore, ausgehend vom Columbine Highschool Massaker im April 1999, auf eine wahnwitzige Reise in das Herz Amerikas. Er porträtiert auf sehr menschliche Weise und voll absurder Komik eine Nation zwischen Waffenfetischismus und angstbesetzter Paranoia. Ein nervöses Volk mit dem Finger am Abzug.
Wer angesichts des an die Trickfilm Serie "South Park" erinnernden Plakates denkt "Bowling for Columbine" wäre eine oberflächige Groteske ist auf der falschen Fährte, denn allein die Fakten, die Michael Moore präsentiert die sind erschreckend und werden zu einem außerordentlich vielschichtigen Gesellschaftsbild verwoben.



4. Musik "Dark Love Poem" The Notwist Album: Nook

3. Take:

"Die Entdeckung des Himmels" von Jeroen Krabbé

Jeroen Krabbé hat es gewagt Harry Mulischs gleichnamigen Erfolgsroman zu verfilmen und triumphiert. Seine Verfilmung verdichtet Harry Mulischs große Kulturgroteske über die christliche Kultur Europas zu einem dramatischen, hochspannenden und tiefgründigen Kinoabenteuer, das niemanden kalt lassen wird.
"Die Entdeckung des Himmels" ist eine spannende Literaturverfilmung über die Schicksale der Freunde Max, Onno, Ada und ihres Sohns Quinten im Holland der 70er und 80er Jahre. Eine bewegende Dreiecksgeschichte wird von einer Rahmenhandlung eingefasst und durchzogen, die dem Zuschauer offenbart, dass die vier Protagonisten nur Werkzeuge eines teuflischen, göttlichen Plans sind, in dem es darum geht, den biblischen Bund zwischen Gott und den Menschen durch den Raub der "Zehn-Gebote" durch einen göttlichen Gesandten wieder aufzulösen.
Vor allem diese mit evangelistischem Ernst von Buchautor und Filmregisseur vorgeführte, wohlkalkulierte Hybris, die Heilsgeschichte der christlichen Religionen mit modernen Mitteln - ‚Roman' beziehungsweise ‚Film' als Ergänzung zur ‚Bibel' - zu Ende zu erzählen, macht den Film zu einem der irritierendsten Kinoerlebnisse das man in den letzten Monaten haben konnte.

Bonner Premiere mit dem Produzenten und Co-Regisseur Ate de Jong und Drehbuch Autor Edwin de Vries Morgen Mittwoch 11.12. im Rex-Lichtspieltheater in Bonn Endenich.


Hinweis: Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit von Bernhard Ludwig

Stört es sie wenn sie im Kino von ihren Nachbarn zu Ruhe ermahnt werden?
Am Mittwoch den 18.12. können Sie im Rex-Lichtspieltheater Bonn Endenich während der Vorstellung herzhaft lachen und mitreden.

Diese Filmische-Einmann-Kabarett-Show "Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit" zählt wegen der von Darsteller Bernhard Ludwig geforderten und auch tatsächlich stattfindenden Interaktion des nach Geschlechtern getrennt sitzenden Publikums zu den ungewöhnlichsten Leinwand Experimenten, die je im Rex Lichtspieltheater stattgefunden haben.
Sie haben richtig gehört das Rex packt die Anstandsleine der 50' er Jahre wieder aus: Frauen sitzen links, Männer rechts.
Und wer weiß, vielleicht nähert Mann oder Frau sich ja im Dunklen heimlich mitbrummend der Wahrheit.

Das Experiment findet zum vierten Mal statt im Rex Lichtspieltheater am Mi 18.12. ca. 20.00 Uhr


5. Musik "Needle in the Hay" Elliot Smith
Soundtrack: The Royal Tenenbaums

Na mal sehen, irgendwo habe ich auch noch ein Weihnachts Geschenk für Sie.
So hier hier ah ja:
Besser können Sie Weihnachten gar nicht feiern bzw. vergessen!
Die neue Filmbühne in Bonn-Beuel Zeit am Do. den 26.12. also am zweiten Weihnachtsfeiertag um 20.00 die unvergleichliche französische Komödie.
Va Savoir von Jacques Rivette
Wie ich höre ist der Film jetzt schon zum dritten mal auf grund von großer Zuschauernachfragen wieder ins Programm genommen worden.
Das Gastspiel einer italienischen Theatertruppe in Paris löst eine Reihe von Verwicklungen aus.
Eine perfekte Komödie vom Altmeister der Nouvelle Vague Jacques Rivette mit Jeanne Balibar, Sergio Castellitto und Jacques Bonnaffé. "Va savoir" ist ein Spiel um Geheimnisse, kunstvoll inszeniert von einem der großen Kinoerzähler Frankreichs.
Beunruhigend: wenn Frauen um etwas spielen, dann mit ganzem Einsatz. Originell: mit Heidegger über die Planke gehen. "Va savoir" enthält eine der sicherlich originellsten 'Duell'-Szenen der Filmgeschichte."


6. Musik "Here to stay" New Order
Soundtrack: 24 Hour Party People

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